Intensivstation


Nix da mit Sentimentalität. Intensivstation, Leiden, hinter jeder Tür drei Träume und so. Nix is oder xis nix, immer nur dasselbe. Da wird geblutet, gekotzt, gestöhnt.
Im Nebenzimmer meinte Frau Schulz vor drei Tagen: Mit ihr ginge es zu Ende. Die Schwester und die Ärztin stellten die Trennwand zwischen die Betten, trotzdem lebt sie wie das Kind im Bauch der Ärztin wächst. Die Schwester will endlich am Abend zu ihrem Freund.
Ansonsten nur Dreck und Dahin liegen mit Nadeln in der Brust und im Arm. Die Geräte funktionieren nur teilweise wie man selbst. Verursachen Schmerzen.
Mein Bettnachbar probierts auf dem Schieber. Der Druck auf dem Darm. Der STUHLGANG eine Qual. Dann endlich Gestank tagelanger Darmfüllung.
Der einzige Wunsch, Ruhe. Ich hoffe, dass Frau Schulz stirbt oder verlegt wird. Auch den Insassen meines Zimmers könnte dieses oder jenes Widerfahren. Hauptsache, man wäre allein und die Schwester könnte sich ganz um den einen kümmern.
Egoismus. Aber das sind Begleiterscheinungen. Die Erscheinungen begleiten mich.
Auch ich könnte verlegt werden, dorthin wo ich Besuch empfangen dürfte oder einfach, aufhören zu leben.
Sterben ist nicht schlimm, nur Angst bleibt vor dem Schmerz, der das Ende begleitet und der so sinnlos ist.
Das ist das Übel! Und die Ärzte sind die reinsten Mystiker. Die Patienten kotzen sich gegenseitig an.
Mein Bettnachbar erfährt von dem Anruf seiner Frau.
Mach dir keine Sorgen. Auf dem Grundstück habe ich das Wasser abgestellt. Alles ist winterfest.
Er denkt an seinen Rasierapparat. Er ist über den berühmten Berg.
Sept., Okt. 83




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