1980 – 1985


Kindheit – 1. Mai

auf den Schultern
des Großvaters
Fähnchen schwenken
marschieren
mit anderen
Glück-Auf-Straße
transparentengeschmückt
frisch geschlagene Birken
Villa mit Park
blasmusik
tagebauer mit Bier
bier mit Briketter
eine Runde Pioniereisenbahn
im Garten des davongejagten
fabrikbesitzers
Großvater legte im Herbst
die Gleise
1980

Erinnerung an L.

Hinterm Haus quietschten
Kohleloren,
aus den Schloten der Brikettfabrik
schwarzer Rauch.

Kohleruß Niederschlag.
Halden unsere Berge.
Kümmerlicher Birkenwald – Dschungel
Unser Märchenwald.

Großmutter rief zum Mittagessen.
Nach dem Händewaschen –
Linsensuppe mit Speck.

Großvater kam abends vom Tagebau,
erzählte schöne Geschichten
einer anderen Welt.
1980

Großvaters Grab

Ich wurde gerufen zu Dir

Ich, Kind eines Neubaublocks,
fuhr bis ans Ende der Stadt

links vom Tor,
in der ersten Reihe
Dein Grab

Die Toten neben Dir
Kennst Du nicht

Sie schweigen.
1980

Fotografie

Sicher hast du lange dein Haar gekämmt,
deine Stirn geprüft, deinen Blick,
dich der Stimme des Fotografen gefügt,
Klick – ein Moment steht vor mir – für immer,
(bleibe in der Erinnerung)
so wirst du bleiben
1980

Das Unmögliche

Nicht das große Los
wird mit mir gezogen;
ich kann
keine Bilder malen,
nicht singen, nicht musizieren,
meine Gedichte sind Mittelmäßigkeiten.Die Alltagsmaschinerie zerreibt
meinen aufrechten Gang,
ich bin auf der Flucht
vor der Gegenwart,
auch Gefangener.Auf die Waagschale werfe ich
meine Schwäche, meine Angst,
meine Fehler, meinen Hass, meine
Inkonsequenz
und mit ganzer Kraft
meine Liebe.
1980

Versuche über Nasthasia

Sie ist
Südwind
im Nordwind,
Frage und Antwort,
sie ist hier
und schon lang am anderen Ort.

Die Uhr zeigt ihr
rasende Zeit
vergeudete Stunden,
alles und nichts

erleben, leben,
die Frist des Lebens,
ihr Herz schlägt schneller
als das Ticken der Uhr.
Rastlos.

Gierig leert sie den Becher.
1980

Kinobesuch

Du – das Obskure Objekt –
Ich saß in der letzten Vorstellung
In Texas und griff mit beiden Händen
In das verlorene Leben

die kleine Stadt
der Wüstenwind
blies ewig den Sand
durch die Kleinstadtstraße
die Tür fiel ins Schloß
und der Sohn des Löwen
lag tot auf der Straße

jedes Beginnen war sinnlos
denn
die Straße kam irgendwoher
und
führte irgendwohin

die Tür fiel ins Schloß
Hot Dog und Pepper-Limonade
In der Stiefelsohle das Loch
Der Wüstenwind blies

So fand ich nicht den Unterschied,
sah Theo und Nastasya,
die erotische Unterlippe der Spanienerin
der Strudel zog mich herab – auf dem Grund
lagst du.

Wenn mich der Mann mit dem Kornsack
Auf dem Rücken fragt, was mit mir ist,
würde ich sagen: ich hatte nur einen schlechten Tag.
18.12.1980

M/L

Obwohl das Wissen
Des sicheren
Irgend-wann-Sieges
Vorliegt bleibt
Die Unsicherheit
Des morgigen Tages.
23.11.80

Betonplattensozialismus

Der Sozialismus wird immer stabiler,
Betonplatte an Betonplatte,
größeres Format
mit Sicherheitsstyling
Urlaub in Bulgarien
meine Freunde leben in Italien.
Glücklicher Mensch – ich weiß wer meine Feinde sind.
19.05.80

Deine Augen – Meine Augen

Wir, die sehend sind,
saugen gierig
mit unseren Pupillen
die Morgensonne,
denken über Blinde
in Mitleid, glaube
es sei lebendes Sterben.

Doch sie lachen, tanzen
und können
glücklich sein wie wir.
Sie fühlen denSonnenglanz.
Mitleid traurige Unvernunft
der Verständnislosen,

blindsein ist blindsein
nicht mehr – schon genug
1980

Schattenspiele

Kerze, du könntest
Plaudereien Liebender
An die Wand projizieren,
du könntest auch,
auf den Baum gesteckt,
Friedensfeste erhellen,
aber so wirfst du
meinen Schatten gegen
die Wand, der mir
gegenübersteht,
mich auslacht, doch
ich gehe auf ihn zu
und siehe, er wird
kleiner.
Mein Schatten schweigt.
(1982?)

Gegenwärtig für Elke

Es ist gut, wenn Du bei mir bist / Versuchung / Wagnis im Dauerlauf / Balance meiner selbst / Neugier / Produktives Nachdenken / Türen fallen nicht ins Schloss / Wohldosiertes Lächeln / Oktoberregen in Deinem Haar ist schön / Deine Hände tragen den Mond.
27.10.82

Sein ist besser als Nichtsein

auf und zu niemals Ruh
leere Hände, leere Schränke,
kein Ende
Sei nicht wie ich, sei Dich!
1982

Leih mir eine Nacht

Du, leih mir eine Nacht,
ich will mit dir
noch einmal das Schönste tun.
Frag nicht, wer ich bin,
ich frag auch nicht danach
Morgen früh wirst du wieder zur Arbeit gehen
Deine Kollegen sehn.
1982

Abseits

steht die Hektik
Lieblose Liebe
Katastrophe mit Sex
Spiegelung
Laue Trauer
Liegengelassene Schwermut
Meine Person langweilt mich.
1.7.82

Expressiv

Herbstregen
es lagen auch vergilbte Blätter herum.
Bis auf die Haut vermatscht. Scheiße.
Mir läuft die Nase.
Es stinkt nach Pünktlichkeit.
Warum auch nicht?
Ich habe nichts dagegen, auch nichts dafür.
Mir liegt der Sommer im Magen.
Darüber hinaus sind meine Füße nass.
Maler Herbst, Du, du kotzt mich an.

Angst

Es ist die Zeit der
Stürme, die Glocken läuten
zum Aufbruch,
ausgepeitschte Erde verbirgt sich
hinter fliehenden Wolkenbergen,
ich bin das schwarze Schaf,
angekettet am Pflock,
das schreit aus Angst.
1982

Des Rätsels Lösung? Wo? Wie?

Die ausbruchsichere Öde.
Die letzte Möglichkeit –
Die Verweigerung des Körpers
Ich werde so lange Schreien
Bis euch die Ohren schmerzen.
Die ganze Scham der Menschlichkeit
Gebührt Euch!
Aus braun wird Rot
Ihr ekelt mich an
11.02./12.02 – 01Uhr 1982

Unbeschnittene Portraits

Momentaufnahmen, Stimmungen
Ehrlich,
greifen nach Fragen und Träumen,
leben einfach.
1982

Eisenbahnzüge

haben etwas Eigentümliches
Nehmen und geben, werden zum Richtschwert,
sind Schicksal, Trost und Erinnerung, manchmal
Hoffen, aufatmen auch, und Leere.
Abschied.
Letzter Aufenthalt, Festhalten. Unwiderruflich
Der letzte Augenblick, am morgen denkt
Man nicht.
Abschiedskuß, Zärtlichkeit, Tränen, vertraute
Gesten,
ein möglichst platonischer Händedruck –
ein Händedruck.
Zurückgefallen in die eigene Welt.
Trotzdem, man war sich begegnet.
Spuren bleiben, auch ein Nachdenken.
Ermutigung. Manchmal ein Traum.
Ich habe nicht ihr Lächeln gezählt. Ich habe
Gelebt.
Schöpfung nicht Sinken.
Nach der Sintflut gereinigte Wangen, die
Arche ist nicht gesunken. Die
Tiere wurden aus dem Boot gelassen und bauten
Ein neues Leben – nach dem nun sicheren Über-
leben. Tagtäglich.
Ich habe mich wieder eingeholt.
30.06.1982

(Ines fragt: Warum sollst Du mir schreiben?
Ich habe ihr Wort beherzigt, also schreibe ich nur so für mich.
Die Gedanken sind frei,
manchmal meine Selbstgespräche
Gehören Ines – dagegen ist nichts einzuwenden.)

langweilig

Die zeit der lästigen Fliege
Abseits steht die Hektik
Lieblose Liebe
Katastrophe mit Sex
Spiegelung
Laue Trauer
Liegengelassene Schwermut
Meine Person langweilt mich.
1.7.82

Natur

Schnittlauch + Radieschen
Treibhausgurken
Blüten an den Bäumen,
an den Büschen
hm, hm
Maiglöckchen, Glöckchen, Glöckchen, Glöckchen
Schnittblumen.
Grünzeug.
1982

Abseits liegt

die Hektik
Lieblose Liebe
Katastrophe mit Sex
Spiegelung
Laue Trauer
Liegengelassene Schwermut
Meine Person langweilt mich.
1.7.82

niemand geht hinter mir

die Nacht ist umsonst
selbst woltersdorf ist nicht zweifelsfrei
reden ist schneller als denken
rühr dich empfinden nichts neues
du sollst mißstrauisch sein nicht lachen
mach die Tür zu die wärme bleibt draußen
es ist nichts passiert ich war nur glücklich
ohne schmerz doch enttäuscht
leere erwartung aber wie sollte es anders sein
du bist nicht gekommen gut ich weiß daß
du mir fehlst!
Freitag, 28.10.1982

Kiesel

Wirklich nicht alles ist so
So ist nicht alles wirklich
Nicht alles ist wirklich so
Ist so nicht alles wirklich

ein Kieselstein wollte nicht mehr Kiesel sein und wusch sich rein
Und machte sich rar und ward nicht mehr da
Kiesel betrübt
Und ich bin nun müd

Annaberg

Über die Berge
Nach Buchholz (Annaberg)
Bergstadt, Kitsch,
gelegentlich Ruhe
Anna-Berge, auf und ab
Herzklopfen, Heidi-Heida,
Berge, Berge, Berge,
hinauf, hinab, hinauf
Anna-Buch, suchen
Auch nichts finden,
Spuren verlaufen
Nicht oben und nicht
Unten, Anna-Buch-Berg
Holz.
1982

Das Unmögliche

Nicht das große Los
wird mit mir gezogen;
ich kann
keine Bilder malen,
nicht singen, nicht musizieren,
meine Gedichte sind Mittelmäßigkeiten.

Die Alltagsmaschinerie zerreibt
meinen aufrechten Gang,
ich bin auf der Flucht
vor der Gegenwart,
auch Gefangener.

Auf die Waagschale werfe ich
meine Schwäche, meine Angst,
meine Fehler, meinen Hass, meine
Inkonsequenz
und mit ganzer Kraft
meine Liebe.

Angst

Es ist die Zeit der
Stürme, die Glocken läuten
zum Aufbruch,
ausgepeitschte Erde verbirgt sich
hinter fliehenden Wolkenbergen,
ich bin das schwarze Schaf,
angekettet am Pflock,
das schreit aus Angst.
1982

Sein ist besser als Nichtsein

Auf und zu niemals Ruh
Leere Hände, leere Schränke,
kein Ende
Sei nicht wie ich, sei Dich!
1982

Jutta

Zwischen den Systemen
Gefühle telefonieren
Wochenendzärtlichkeit
Das Bedürfnis nach mehr

Nur Fotografien
So lebst du also
Trotzdem würde ich mit Dir
Hand in Hand durch deine
Straße gehen

Du bist der Staatsfeind
Schwarz/weiß Malerei
Ich muss dich verstecken
Kontrolle, Kontrolle
Und immer dieselbe Frage,
es stimmt, wir sind Agenten
einer unheimlichen Macht –
wir lieben.
1983

Schüsse

unberührt – nah
worte – liebkosungen
zukunft – träume
zweisamkeit – schüsse
nächte – fotografien

ohnmacht, stärke trotzalledem;
deinen herzschlag spüren,
in herbstlaub unseren namen schreibem
nur einmal diese chance
und
bleiben können!
1983

Das Ende

ist niemals schön.
Ein Ende birgt in sich einen
 Anfang.
Jedes hat sein Ende,
in der
 Normalität dieses Ereignisses
 liegt keine Trauer,
vielleicht nur 
verborgen und still,
wir sollten uns auf
jeden Fall das Lächeln 
bewahren.
Erfreuen wir uns in dem mageren Danach 
an kleinen Dingen,
den Augeblicken auf der Straße, an dem Lächeln 
eines anderen Menschen.
Lächeln wir zurück, 
es kann ein neuer 
Anfang sein,
doch zumindest eine Ermutigung!
31.05.83

Glaube?

Wirklich nicht alles ist so
So ist nicht alles wirklich
Nicht alles ist wirklich so
Ist so nicht alles wirklich?
1982/83?

Läuterung

Erwarte nichts von mir
Wie auch ich nichts erwarte,
weder von dir noch von anderen.

Komm wenn du willst
Oder bleibe fern,
sei ehrlich,
ich bin es auch.

Das soll nicht heißen,
ich mag dich nicht.
Meine Worte sind Angst.
Du bist willkommen.
wahrscheinlich
4.3.83

Deine Augen, keine Sterne

Sinnlose Flammen,
entbrennen bei
Exotik
Bleiben bei mir ohne
Erotik.

Müde mein Körper, schiebt sich langsam voran,
kennt nicht den Weg
nicht das Ziel,
vor mir
bis zum Horizont,
staubiger Asphalt,
finde den Mut
meine Schritte
zu zählen.

Nichts glauben, nichts fühlen,
keinen Hunger, keinen Durst,
nichts verloren, nichts gewonnen,
das gestern ein zerissener Traum,
das Morgen ein leerer Raum,
und manchmal ein hilfloses Lächeln.

Sonne brach in unser Zimmer,
stach in dein Gesicht,
wärmte nicht,
so das wir glühten,
mein Arm um dich,
ein letztes fühlen.

Du kannst Dich nicht von
mir entfernen,
Du warst mir nie nah,
wolltest nicht, konntest nicht.
Hast den Kopf voll falscher
Leben.
Nach dir bleibt zunächst nichts,
selbst den Schmerz hast du genommen.

Ich Lüge
Du lügst
Wir lügen alle
Ich bin die Lüge
Du bist die Lüge
Wir haben nichts verraten.

Mit dir habe ich die Verwirrung verloren,
ohne sie zu leben wird schwer.
26.03.83, Samstag

Laute Musik

Laute Musik,
ein Pflaster
meine Haut
so falsch
Du, mein Laster,
ich möchte heraus,
klebe fest an mir,
schütte mich in den Abguß, freches
Abschiedsglucksen
Sagt: so einfach geht das nicht!
Also nehme ich mich von den Wänden
Und schreibe deinen Namen
In meinen Atem.
13.02.83 K-M-Stadt, Sonntag

Appetit

Deine Hände sprachen
spröde Zärtlichkeit.
Deine Augenschatten
ein fliehendes Reh
und doch ein leuchten!
Getroffen in einer Pfütze Schnee
-Berührung auf Sonnenbrand –
Bin dein Parkplatz
so lange dein kleiner Zeh mir schmeckt.
1984

Herbstregen

es lagen auch vergilbte Blätter herum.
Bis auf die Haut vermatscht. Scheiße.
Mir läuft die Nase.
Es stinkt nach Pünktlichkeit.
Warum auch nicht?
Ich habe nichts dagegen, auch nichts dafür.
Mir liegt der Sommer im Magen.
Darüber hinaus sind meine Füße nass.
Maler Herbst, Du, du kotzt mich an.

Bin in mich gesunken,

lebe dort wieder in
meiner Fluchtwelt,
schweigend, hinnehmend,
ohne Aufbegehren.Bist du bei mir
Störts mich nicht,
würdest du gleich gehen,
hätt ich nichts dagegen.
Sprichst du mit mir,
wach ich kurz auf.
Nur wenig Zeit hast du,
somit holst du mich nicht zurück.
Sink tiefer, tiefer, tiefer.
Frage nicht, was mit mir ist,
zwischen Kommen und Gehen,
ich höre dich nicht.
5.3.83

Deine Augen, keine Sterne

sinnlose Flammen,
entbrennen bei
Exotik
bleiben bei mir ohne Erotik

Müde

mein Körper
schiebt sich langsam voran,
Kennt nicht den Weg, nicht das Ziel,
vor mir
bis zum Horizont,
staubiger Asphalt,
finde noch Mut
, meine Schritte zu zählen.

Nichts glauben,

nichts fühlen, 
keinen Hunger, keinen Durst,
 nichts verloren, nichts gewonnen,
das gestern ein zerrissener Traum,
das Morgen ein leerer Raum,
und manchmal ein hilfloses Lächeln.
Sonne
brach in unser Zimmer, 
stach in dein Gesicht, 
wärmte nicht,
 so das wir glühten, 
mein Arm um dich,
 ein letztes fühlen.
Du kannst
dich nicht von 
mir entfernen,
 du warst mir nie nah, wolltest nicht, konntest nicht
.
Hast den Kopf voll falscher
 Leben.
Nach dir bleibt zunächst nichts,
selbst den Schmerz hast du genommen.
1983

Worte sind Worte

Worte sind Worte,
zeugen von gutem Willen,
sind wie Rausch
Im Schlaf
Im Schlaf träume ich von uns,
da ist der Regenbogen, die Sonne,
unsere Hände.
Das leere Bett am morgen
Macht mich nicht mehr krank.
Ich weiß nur
Die Marienkäfer sind tot.
5.4.83

Des Rätsels Lösung?

Wo? Wie?
Die ausbruchsichere Öde.
Die letzte Möglichkeit –
Die Verweigerung des Körpers
Ich werde so lange Schreien
Bis euch die Ohren schmerzen.
Die ganze Scham der Menschlichkeit
Gebührt Euch!
Aus braun wird Rot
Ihr ekelt mich an.
11.02./12.02- 01Uhr(wahrscheinlich 83/84)
Die Zeit der lästigen Fliege

Leih mir

eine Nacht
Du, leih mir eine Nacht,
ich will mit dir
noch einmal das Schönste tun.
Frag nicht, wer ich bin,
ich frag auch nicht danach
Morgen früh wirst du wieder zur Arbeit gehen
Deine Kollegen sehn.
1982




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert